„Ich darf gratulieren“, hatte der Arzt gesagt, „Sie sind schwanger!“ Damals teilte ein Blitz meine Gefühle. Auf der einen Seite
schwang sich ein nie erahntes Gefühl auf. Auf der anderen Seite schmetterten mich Bestürzung und Angst zu Boden. Ich blieb zwischen diesen
Gefühlsgewalten zurück. Einsam, zum erstenmal ganz allein mit mir selbst. Eine erste zaghafte Liebe zu dir ließ mich meine Hand nach dir
ausstrecken. Aber die nüchterne Sachlichkeit, das rechnerische Überlegen und die Angst vor der Reaktion meiner Umwelt schlugen mir auf die Finger.
Ich zog meine Hand wieder zurück. Es wäre ja schön, aber … Es gab doch soviel Aber und so viel Wenn, und ich wurde müde; so müde, dass ich andere
Menschen für mich denken und handeln ließ.
Wenige Tage später hatten wir beide einen Termin. „Das ist wirklich keine große Sache“, sagte man. Wir gingen hin, „in zehn Minuten ist alles
vorbei“, sagte man. Ich sah mir die Frauen an; die anderen, die aus dem gleichen Grund wie ich einen „Termin“ hatten. Sie kamen ernst und gingen
ernst. Wo war ihre „Erleichterung“? Warum freuten sie sich nicht? Sie waren doch losgeworden, was sie nicht wollten!
Ein junges Mädchen weinte lautlos, und von ihrem starren Gesicht tropften ihre Tränen. Man führte sie weg. Freund, Mann oder Vater, wer immer es
gewesen sein mag, nahm sie am Ellenbogen und schob sie zur Türe hinaus. Auch sie hatte für sich entscheiden lassen, man hatte ihr alles aus der
Hand genommen. Nur die Verzweiflung nicht, die ihr jetzt aus den Augen schrie. Ich war die übernächste. Ein kleiner Aufschub noch. Laut hörte ich
mich zu der neben mir sitzenden Frau sagen: „Ich lasse Sie vor!“ Wieder ein Aufschub, gnädige zehn Minuten, denn länger dauert es nicht,
ein Kind zu töten. Ich habe noch eine Wartende vorgelassen und wieder eine und wieder eine, und als niemand mehr da war, den ich hätte vorlassen
können, da habe ich mich einfach davongeschlichen.
Du und ich, wir sind nachher in einem Kaffeehaus gesessen. Ich habe drei Tortenstücke verdrückt und mir vorgestellt, dass du mitnaschst. Auf dem
Heimweg habe ich laut mit dir geredet. Ich sagte dir, dass wir es nicht leicht haben würden, dass wir uns sehr nach der Decke strecken müssten.
Ich gestand dir, dass ich dir in der ersten Zeit wohl nicht viel bieten können würde und dass du vorerst nur meiner Liebe sicher sein
könntest. Aber ich sagte dir auch, dass ich dich liebe, liebe, liebe, wie ich noch nie zuvor ein Wesen geliebt hatte. Und als sich durch die
leichte Übelkeit nach den drei Tortenstücken wieder die Angst vor der Meinung der anderen ans Licht setzte, haben wir sie einfach weggelacht.
Das Lachen ist uns geblieben, Baby, auch jetzt nach einem Jahr noch. Zwar strecken wir uns noch immer nach der Decke, aber
die Liebe der anderen hast du im Sturm erobert.
So, Zeit zum Schlafengehen, Baby! Aber vorher spielen wir noch zehn Minuten, in denen ich deine süße, kleine Nase an meinem Gesicht fühle, deine
Händchen und deine Haare, die noch vom Bad feucht sind. Am Ende unserer zehn Spielminuten schläfst du mir schon im Arm ein. Ich lege dich in
dein Bettchen und küsse deine süße Nasenspitze. Danke für diese zehn Minuten, Liebling. Für die zehn Minuten heute – und für die zehn Minuten
damals, als du mir die Kraft gegeben hast, mich für dich zu entscheiden.
Aus einem Faltblatt der Aktion "Lebensrecht für alle" (www.alfa-ev.de), das Sie hier herunterladen können.
Die kostenlose Schwangerenberatung "VitaL - es gibt Alternativen" erreichen Sie rund um die Uhr
unter der Telefonnummer
0800 36 999 63 oder auf www.abtreibung24.de.
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